Jüdisches Museums Augsburg Schwaben und Netzwerk Historische Synagogenorte in Bayerisch-Schwaben
Augsburg, Ausstellung: „Feibelmann muss weg“. Ehemalige Synagoge Kriegshaber, 4.3.2023 bis 3.9.2023
Ein antisemitischer Vorfall aus der schwäbischen Provinz
Hetzkampagnen und Gewaltmaßnahmen gegen Jüdinnen und Juden wurden nach der nationalsozialistischen Machtübernahme nicht nur von oben verordnet. Persönliche Ressentiments spielten eine wichtige Rolle. Durch sie entwickelten die antijüdischen Maßnahmen vor Ort vielfach eine ganz eigene Dynamik, wie auch Jakob Feibelmann erfahren musste. Der Memminger Kaufmann wurde ab 1933 mit anonymen Drohschreiben überschüttet, die ihn massiv anfeindeten und zur Emigration drängten.
Bis zu diesem Zeitpunkt hatte Feibelmann, der 1880 als Sohn eines Viehhändlers geboren wurde, die meiste Zeit seines Lebens in Memmingen verbracht. Im Rahmen seines sozialen Engagements hatte der Kaufmann auch ein paar Jahre lang das Amt des zweiten Vorsitzenden der Israelitischen Kultusgemeinde ausgeübt. Angesichts der immer auswegloser werdenden Lage sah er sich 1934 schließlich gezwungen, seine Existenz in der Stadt aufzugeben. Ende November flüchtete er mit seiner Familie nach Palästina und nahm die Drohschreiben mit, die er als Beweismittel gesammelt hatte. Dadurch blieben über 60 der Zusendungen erhalten, die heute von Feibelmanns Enkelin und verschiedenen Archiven in Deutschland und Israel aufbewahrt werden.
In der Ausstellung sind Reproduktionen erhaltener Briefe und Postkarten zu sehen. Sie vergegenwärtigen nicht nur den Hass, dem Jakob Feibelmann ausgesetzt war, sondern führen auch beispielhaft die Mechanismen vor Augen, mit denen Jüdinnen und Juden nach dem Beginn der NS-Gewaltherrschaft auf lokaler Ebene ins Exil getrieben wurden. Aus diesem Grund verschränkt die Ausstellung Täter- und Opfergeschichte. Sie nimmt zum einen die Urheber*innen der Drohschreiben, ihre Motive und mögliche Mitwisser*innen in den Blick. Zum anderen geht sie den Auswirkungen der Hassbotschaften auf das Leben von Jakob Feibelmann nach. Schließlich werden auch der lange Weg bis zur Aufarbeitung des Falls und Feibelmanns mühevolle Wiedergutmachungsverfahren thematisiert. Ziel der Ausstellung ist es, die lokalgeschichtliche Debatte über die nationalsozialistische Judenverfolgung um neue Perspektiven zu erweitern und eine Auseinandersetzung mit NS-Täterschaft und Mitläufertum anzuregen.
Veranstalter
Wanderausstellung des Jüdischen Museums Augsburg Schwaben in Kooperation mit dem Netzwerk Historische Synagogenorte in Bayerisch-Schwaben
Ort
Jüdisches Museum Augsburg Schwaben, Standort Ehemalige Synagoge Kriegshaber
Ulmer Straße 228, 86156 Augsburg
Öffnungszeiten
Donnerstag bis Sonntag: 14:00 – 18:00 Uhr
Angebote für Gruppen und Schulklassen
Zur Ausstellung können Gruppenführungen (per E-Mail an kh@jmaugsburg.de) oder Workshops für Schüler*innen (E-Mail an frank.schillinger@jmaugsburg.de) vereinbart werden.
Weitere Infos und Kontakt
Jüdisches Museum Augsburg Schwaben
(Bildnachweis: 2023_03_13__KH_Feibelmann_Ausstellungeröfnung_68: © JMAS/Ilya Kotov. Ausschnitt)