Jüdische Lehrer: Stolpersteine und Gedenkfeier in Nürnberg
Stolpersteine für den jüdischen Lehrer Nathan Adler und seine Frau Mirjam Adler wurden am 27. November 2024 in Nürnberg am Ort der ehemaligen Synagoge in der Essenweinstraße verlegt. Eine Gedenkfeier des NLLV/BLLV für die ermordeten jüdischen Lehrer begleitete die Stolpersteinverlegung.
Erinnerung an ehemalige Schülerin
Die neu verlegten Stolpersteine erinnern an Nathan Adler und seine Frau Mirjam Adler. Nathan Adler wurde am 18.11.1879 in Burgreppach geboren und heiratete 1911 die Hamburgerin Sara Mirjam Rothschild. Adlers Dienstorte waren Burgreppach, Würzburg, Fürth, Ansbach und Nürnberg. Einer seiner beiden Wohnsitze lag zum Zeitpunkt des Novemberpogroms 1939 im 3. Stock über der Synagoge in der Essenweinstraße 7 in Nürnberg. Die Nationalsozialisten schändeten die Synagoge während des Pogroms und zündeten sie an. Nathan Adler war zu diesem Zeitpunkt anwesend, dies zeigt ein Foto der Täter. Das Gebäude wurde kurz darauf abgerissen und die Familie Adler verlor ihre Wohnung. Nathan Adler und Mirjam Adler wurden im Februar 1942 in Riga-Jungfernhof ermordet. Zwei der fünf Kinder des Ehepaars starben ebenfalls in nationalsozialistischen Lagern.
Die Bezirksvorsitzenden des BLLV verlasen auf der Gedenkfeier die Namen von 25 jüdischen Nürnberger Lehrkräften, die während der NS-Zeit ermordet wurden.
Umfangreiches Programm
Die Gedenkfeier, teils im Freien, teils in den in der Nähe liegenden Räumen des BLLV, bot ein umfangreiches Programm. Unter anderem sprachen
o Shmuel Nathan Adler, Enkel von Nathan Adler,
o Yaakov Adler, Enkel von Nathan Adler,
o Simone Fleischmann, Vorsitzende des BLLV,
o Marcus König, Oberbürgermeister der Stadt Nürnberg,
o Pascal Metzger, „Geschichte für Alle“,
o Max Liedtke, emeritierter Professor der Universität Erlangen
o und Sandra Schäfer, Vorsitzende des NLLV.
Schüler*innen der Johannes-Scharrer-Mittelschule hatten sich eingehend mit dem Leben von Nathan Adler und seiner Familie beschäftigt und teilten ihre Erkenntnisse und Fragen mit dem Publikum.
Für die musikalische Umrahmung der Gedenkfeier sorgte der Kinderchor der Grundschule Paniersplatz. Die Komponistin Maria Träg-Engerer trug ein eigens für diese Gedenkveranstaltung komponiertes Klavierstück vor.
„Ich setze meine Hoffnung auf euch“
Anwesend waren die Enkel von Nathan und Mirjam Adler, Shmuel Nathan Adler und Yaakov Adler. Erst bei der Vorbereitung der Veranstaltung erfuhren die Organisatoren durch eine Anwohnerin von den beiden Enkeln, konnten den Kontakt herstellen und eine Einladung aussprechen.
Ganz und gar nicht leicht gefallen sei es ihm, die Reise nach Nürnberg zu unternehmen, berichtete Shmuel Nathan Adler auf eine entsprechende Frage der Schüler*innen der Johannes-Scharrer-Mittelschule. Denn die Einwohner der Stadt Nürnberg hätten seinen Vorfahren schon vor dem Machtantritt der Nationalsozialisten ein gewaltiges Maß an Antisemitismus zugemutet. Schließlich gipfelte dieser Antisemitismus in den von der breiten Bevölkerung hingenommenen und sogar unterstützten Verfolgungs- und Mordaktionen der Nationalsozialisten.Und auch nach dem Krieg wäre zunächst über viele Jahre die Leugnung und dann das Beschweigen des Nationalsozialismus üblich gewesen. „Ich setze meine Hoffnung auf euch!“, wandte sich Shmuel Nathan Adler an die Schüler*innen.
Beeindruckende Veranstaltung
Sabine Gerhardus, Projektleiterin des „Gedächtnisbuchs für die Häftlinge des KZ Dachau“, nahm an der Veranstaltung in Nürnberg teil. Sie erforscht seit mehr als 15 Jahren mit Schüler*innen im „Projekt Erinnern“ des BLLV Biographien jüdischer Lehrer*innen in Bayern. „Die Veranstaltung, der Kontakt mit den Schülern und den Verwandten war wunderbar.“, sagt sie über das Nürnberger Gedenken. „Das Wichtigste ist eigentlich, dass die Familien der Betroffenen gesehen werden und ihr schweres Erbe wahrgenommen wird. Dass die Nachkommen an den Ort der Verfolgung kommen, ist keine Selbstverständlichkeit. Auch für das Publikum wurde das deutlich – das fand ich besonders bereichernd.“
Ausführlicher Bericht auf der Website des BLLV
(16.12.24; Irene Stuiber)